Saturday, March 23, 2019

Razzia: Am Rande von Berlin

Geschickt hatte die Hamburger Band den Titel-Song ihres neuen Albums „Am Rande von Berlin“ schon im Vorfeld als Appetitanreger platziert. Ich hatte ihn über meine favourite radio-station „New Rose Punkrock-radio“ kennengelernt, und den Song - hier bei youtube anzuhören - als so toll empfunden, dass ich mir das Konzert nicht entgehen lassen wollte. Obwohl es an jenem Abend eine durchaus attraktive Alternativ-Veranstaltung im „Wild at heart“ gegeben hätte. Auch die beim Konzert gespielten neuen Songs machten Lust auf das neue Album, das als CD und als Doppel-LP auf schwarzem und rotem Vinyl verkauft wird. (Wobei ich beim Preis von 30 für rot statt 20 € für schwarz schon fast von einer Kapitalanlage sprechen möchte.)  Es ist ein sehr gutes, ein vorzügliches Album geworden. 14 Songs, die an die beste Razzia-Zeit erinnern und direkt nach dem zweiten Album „Ausflug mit Franziska“ hätten entstanden sein können. Teils nachdenklich, teils melancholisch, aber letztendlich immer mit dem Drang nach vorne, mit dem geilen Gesang und der großartigen Lead- Gitarre. Die Songs lassen sich auch sehr gut hintereinander anhören, was für mich ein wichtiges Kriterium für den Kauf eines Albums ist – wenn ich nur einzelne Songs gut finden kann, hole ich mir die lieber irgendwoher aus dem Internet. „Am Rande von Berlin“ ist aber durchgängig stimmig und gut. Lohnt!
Ein kleiner Schönheitsfehler ist nur das seltsame Cover, das – im Gegensatz zu allem anderen dieser Scheibe - nicht wirklich ausgereift wirkt, nach nichts aussieht und worauf ich nicht erkenne, was gemeint ist. Viel hübscher – und von der Stimmung auch an „Ausflug mit Franziska“ erinnernd - ist doch das hier dokumentierte Cover des Booklets!

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RAZZIA live 2019 im SO 36

Ich habe FLIEHENDE STÜRME zu meiner Stuttgart-Zeit nie live gesehen, ich habe sie generell nie groß mitgekriegt oder beachtet, immer nur eine Platte, „Priesthill“, in diversen Plattenläden stehen sehen. Bis gestern habe ich sie – obwohl daher stammend und Nachfolger der berühmten Chaos Z – nie als Stuttgarter Band wahrgenommen. Bis ich eben gestern vor und während des Konzerts im SO 36 verschiedene alte Bekannte aus Stuttgart wiedertraf. Und realisierte, dass ich sogar einen kenne, der mittlerweile – und nicht erst seit gestern - bei denen mitspielt. Das waren sehr schöne Wiedersehen, nach teilweise 20 Jahren „no see“. (Ähnlich wie bei der Ausstellungs-Eröffnung zu Punk in Stuttgart 2017.) Insgesamt war ihr Auftritt aber schon sowas wie eine Geduldsprobe für mich. Gleich der erste Song, unglaublich schwer, langsam, düster. „Was ein stimmungsvoller Opener“, unkte ich zu meinem Nebenmann. Der folgende Song war dann schwungvoller, und das war sicher auch bewusst so choreografiert. Ich habe wirklich Respekt davor, wenn eine Band über 20 Jahre ihren Stil durchzieht – ihr erstes Album ist von 1988! – und wie Sänger und Gitarrist Andreas Löhr auf der Bühne steht. Auch hat diese Band ihr Publikum, das offensichtlich auch zufrieden war. Dieser düstere Wave-Punk ist nur leider überhaupt nicht meine Musik.
Den Abend hatten KLOTZS begonnen, eine Band aus Siegen, deren Namen ich nie zuvor gehört hatte, obwohl sie laut Discogs bereits 1996 aktiv sind und mal eine Split-7" mit EA 80 veröffentlicht hatten. Der erste Eindruck war auch eher schräg, aber das war wohl durchaus auch so gewollt. Die beiden älteren Herren – nur Gitarre und Schlagzeug – spielten schon Punk, der in die EA 80-Richtung geht, hatten aber zwischendrin auch immer wieder andere, experimentellere und uneingängige Elemente. Und gerade der Sänger eine Attitude, die „Mut zur Peinlichkeit“ ausdrückte. Das passte, das war irgendwie erfrischend gut!
Waren die Reihen bei KLOTZS noch sehr überschaubar besetzt gewesen, war es spätestens beim heutigen Haupt-Act – beim Konzert vor dreieinhalb Jahren, hier mein Bericht, war die Reihenfolge eine andere gewesen - RAZZIA rappelvoll. Verglichen mit Fliehende Stürme merkte ich sofort, dass DAS meine Musik ist, mit Texten, die ich auch heute noch ohne Schmerz und Pein hören und mitsingen kann. Razzia haben eine Spur Melancholie, gehen aber dennoch nach vorne, mit der geilen charakteristischen Gitarre und dem knalligen Gesang. Das war gut, das hat Spaß gemacht. Auch wenn es ein paar Abzüge in der B-Note zu vergeben  gibt. Es kam mir fast vor, als sei es das erste Konzert nach längerer Pause gewesen: teils wurden ein paar Einsätze verpasst und wenn man ganz vorne stand, sah man, dass der Sänger teils die Texte der neuen Lieder nachlas. Zwischen den Songs gab es manchmal abtörnend lange Pausen. Es klingt schräg, das bei einer Band, die seit 1979 aktiv ist und hier weitgehend in Original-Besetzung auftrat, zu sagen: aber das waren lauter so vermeidbare kleine Fehler, die sich mit etwas mehr Übung schnell erledigt haben dürften. Im ganzen war es aber sehr gut gespielt, und auch die zahlreich gespielten neuen Songs – was ja durchaus mutig ist, viele kamen sicher vor allem, um die alten Songs zu hören -  passten sich sehr gut ins Programm ein, klangen typisch nach Razzia, wie man sie liebt, und bestärkten zumindest mich, sich das neue Album im Anschluss mitzunehmen.    
Am Tresen gab es übrigens ein Band-Bier zu kaufen. Für Razzia, und laut Website nur für das Konzert in Berlin, wurden von einer offenbar befreundeten Brauerei 240 Flaschen Razzia-Bier abgefüllt, ein dunkles Lager-Bier. Da ich eh Bier trinken wollte, habe ich eines probiert. Ein Bier, wie Schwarzbier – Köstritzer oder Ähnliches - eben so schmeckt. Nichts Besonderes. Vielleicht gelingt ja irgendjemandem noch, mehr Infos zum Hintergrund dieser Aktion zutage zu fördern, würden mich interessieren. 
Eine interessante Zusammenfassung der Band-geschichte ist übrigens zu finden auf: https://razzia.info
Sehr toll auch die vier Songs, die Olli Schulz unter dem Titel "Ausflug mit Razzia", auf 7" veröffentlicht hat; Cover-versionen von "Kaiserwetter", "Sentimentaler Zusammenbruch", "Nacht im Ghetto" und dem immer wieder großartigen "Als Haus wärst du ne Hütte".

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Birkenstraße: es wird geschossen

Gesehen in Berlin-Moabit

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Tuesday, March 19, 2019

Geheime Akten verklappen

Lang war hier nicht von der Arbeitswelt die Rede gewesen. Womöglich aus dem Gedanken heraus, angekommen, nicht mehr nur Beobachter zu sein; wissend, dass es irgendwann, in nicht allzu langer Zeit, zu Ende sein wird, zu Ende sein muss, weil es einfach zu sehr dem eigenen Lebensgefühl entgegen steht. Wie es bei Edeka und später auch bei „Spandau“ war. Dazu will ich die Leute, mit denen ich dauerhaft zu tun habe, nicht ins Internet stellen. Allein aus der Sorge heraus, sie könnten sich doch mal entdecken.
Inzwischen bin ich aber im selben Unternehmen in anderer Mission tätig und ich blicke auf die mir seit rund zweieinhalb Jahre bekannten Kolleginnen und Kollegen sowie die Räumlichkeiten aus anderer Perspektive. Meine bisher engsten Kolleginnen sind weg, dafür lerne ich vier andere, die ich die Zeit über eher aus der Distanz gesehen habe, intensiver kennen. (Eigentlich sind es nur drei, weil einer bald in Rente geht und kaum noch da ist.) Dieser neue Blick scheint es mir lohnenswert zu machen, den Faden aufzunehmen, den ich vor rund zwei Jahren niedergelegt habe.
Gestern geilen Trash über meine angebliche Arbeit gehört. Ein Bekannter hat ein bisschen was durcheinander gebracht und meinte, ich würde geheime Akten verklappen.

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Annäherung

Der Wunsch, das Gebälk, das entstand, möglichst behutsam, originalgetreu widerzugeben.
Und das von einem, der sonst Probleme gern eingrenzen, reduzieren will, um sie klein, um sie überschaubar zu halten, und sie dadurch leichter lösen zu können. Zunehmend ahnend, dass er den Phänomenen damit nicht gerecht wird. Weil er sie ja kleiner macht, als sie eigentlich sind.
Kollege D. setzt auch auf einfach. Schlicht. Ordentlich, aufgeräumt. Läuft gern. Oft seinen 8 km langen Heimweg. Hat einen Garten, mit Nachbarn und den Resten seiner Familie. Mit acht Jahren ins Heim gekommen, Vater Fabrikarbeiter, Mutter abgehauen. Hat sich gut gehalten; es überrascht, dass er weniger als zehn Jahre bis zur Rente hat. Alleinstehend. Nicht wirklich glücklich damit, aber offenbar darauf eingerichtet, dass sich nicht mehr viel ändert. Teils etwas brummelig, aber im Ganzen sehr umgänglich und nett.
Kollege D II. (weil, es ist in der internen Hierarchie sehr wichtig, wer am längsten da ist) reduziert auch gern. Aber er tut das, um gehört zu werden. Er verschlichtet seine Aussagen, obwohl er fraglos in der Lage ist, komplexe Dinge zu erkennen. Er vereinfacht sie soweit, dass es streckenweise richtiger Müll ist, den er raus lässt. Stichworte: Frauenrechte. CDU-Wähler. „Hillary“ sei auch nicht besser als Trump (im Wahlkampf vor zwei Jahren). Und das am frühen Morgen. Bisher habe ich noch keine Strategie, wie damit umzugehen.
Etwa Mitte 30, bis vor kurzem noch bei den Eltern lebend. Im Durchgangszimmer zum Balkon. Hat es gern ordentlich, geregelt. Änderungen machen Sorge, und generell scheint er Angst zu haben, Fehler zu machen. In diesem Punkt verschlichtet er nicht; er überzeichnet, dramatisiert Probleme oder drohende Gefahren vielmehr. Was wiederum für mich, als relativer Neuling im Arbeitsgebiet und sonst wie gesagt bestrebt, Probleme überschaubar zu halten, zunächst den Umgang erschwerte.
Er zeichnet ziemlich genial kleine Figuren und Tiere und scheint auch trotz seiner manchmal spröden Art ein letztendlich herzlicher und auch durchaus reflektierter Mensch zu sein.   

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Saturday, March 09, 2019

Gesehen in Leipzig

Eindrücke aus Leipzig 2019


Auch wenn Leipzig nicht mehr die Stadt von noch vor zehn Jahren ist, in der es noch häufiger verfallenene Gebäude das Stadtbild prägten, gefällt es mir weiterhin gut. Es fällt direkt in der Innenstadt - im Gegensatz zu den Vorstädten, die oftmals homogener sind - eine architektonische Vielfalt auf, die in Berlin so nicht zu finden ist. Wo die Viertel oder Kieze vergleichsweise einheitlicher sind. Möglicherweise ist Leipzig mit Gebäuden für aktuell rund 560.000 Einwohner dahingehend schlicht komprimierter als Berlin mit aktuell rund 3,58 Mio in Berlin. Und es stehen historische Gebäude, Altbauten aus dem 19. Jahrhundert, Fabriken, (einige wenige) Stalin-Bauten, Plattenbauten und die ollen DDR-Garagen dicht beieinander. Generell scheint mir die sozialistische Handschrift bis heute stark stadtprägend zu sein. Die zufällige Entdeckung eines Fotos von 1989 zeigte mir, dass gar das stadtweit sichtbare City-Hochhaus Leipzig von 1968 bis 1972 errichtet wurde und somit ein DDR-Bau ist.

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