Poor & Weird Festival Berlin
Vier Bands - und alle vier zu laut! So dass ich noch am Morgen danach völlig zugedröhnt bin. THE NOT AMUSED habe ich schon viel zu oft gesehen, und obwohl mich mit manchen von ihnen eine Freundschaft verbindet, muss ich sagen, dass das ganze eher ein Holter-die-Polter-Auftritt gewesen ist. Ohnehin fraglich, ob sie dieses Festival für voll genommen hatten - der Gitarrist, der sonst nie ohne Schlips anzutreffen ist, trug demonstrativ nur grob-kariertes Bauarbeiter-Hemd! Möglicherweise, wurde gemutmaßt, sollte dieser ungewöhnliche Aufzug auch den Schnauzbart von Mit-Veranstalter "Eberhard-Feik-sein-Sohn" kritisieren. Als zweite spielten BELLA WRECK - die waren super! Ich sah sie zuvor zweimal im "Trickster" und fand sie dort beides Mal eher durchschnittlich. In der Zwischenzeit hatte ich jedoch ihre wirklich fabelhafte LP kennengelernt. Und nun sah ich sie erstmals, seitdem mir ihre Songs, von denen manche an HÜSKER DÜ erinnern, total geläufig sind. Das auch noch auf der großen Bühne des "Cassiopeia" - und sofort wurde deutlich: diese Band braucht eine große Bühne! Das sind Musiker, die können wirklich was! Vielleicht klingt auch deshalb ihre LP so perfekt, was für ein Debüt ja völlig ungewöhnlich ist. Weil - sie einfach wissen, was sie wollen und wie sie klingen wollen. Höchste Meinung von dieser Band!
IMPO & THE TENTS waren auch super, ihre Lieder sind einfach genial spritzig. Erst live habe ich realisiert, dass sie auch ein Keyboard haben. Das gab ihrem Highspeed-Powerpop noch eine gewisse skandinavische Melancholie hinzu. Super - außer dass der Sänger einen wirklich übel-hässlichen Oberlippenbart trug...
Von EDDIE & THE HOT RODS hatte ich so richtig schön gar nix erwartet. Hatte mich auch gewundert, dass diese als Headliner die Massen anziehen sollen. Zunächst waren nur die drei Musiker auf der Bühne - der Alt-Star hält sich zurück, fragte ich mich? Aber er kam dann auch bald, es ging los und es wurde echt charmant! Am Anfang dachte ich, na, musikalisch ist es nicht so ganz meines, es war doch sehr rockig. EDDIE & THE HOT RODS sind ja auch synonym mit dem Genre "Pub-Rock". Aber ich bin dennoch geblieben, und es gefiel mir immer besser. Die Band hatte auch echt Spaß in den Backen, und Eddie himself (der eigentlich ganz anders, nämlich Barry Masters heißt) war ein charmanter Entertainer, alt, aber schlank & fit, das gefiel mir gut! Ließ mich ein bisschen an "die Katze" - Tom Jones denken (wobei es mich nicht wundern würde, wenn diese Assoziation nur mir gekommen wäre). Dann endlich das heiß ersehnte "Do anything you wanna do", und es gab kein Halten mehr. Ein wirklich grandioser Song, den die meisten natürlich erstmals von den TOTEN HOSEN gehört hatten auf ihrer "Learning English"-LP. Im Anschluss gab es noch den Song "Gloria", und dann noch eine Zugabe. Vor allem der Sänger ließ einen an eine andere Zeit denken. Pub-Rock, Kneipen-Musik der späten 70er, frühen 80er Jahre. Rauch, Bier, auf der kleinen Bühne am Rand tritt eine Band mit diesem Typen am Gesang auf. Und dann spielt DIESE Band aus dieser anderen Zeit "Born to be wild" von STEPPENWOLF als letzten Song! Total unerwartet, total überraschend, total durchgeknallt - aber völlig stimmig! Saugut, und noch jetzt, einen Tag danach, habe ich deswegen ein fettes Grinsen im Gesicht...
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