Nachdem es 2017 18 Konzerte
gewesen waren, zu denen ich gezielt und wegen der Bands hingegangen war,
bestätigt sich die Zahl 2018 exakt wieder. Mensch beachte den Schnitt von exakt
1,5 Konzerten pro Monat! Hier ein kleiner Rückblick, und ganz Historiker-untypisch
ist diesmal nicht die Chronologie das erste Sortierkriterium, geordnet wird
vielmehr weitgehend nach dem Gefallen der musikalischen Darbietung. Mit fünf
Besuchen, das noch vorab, war übrigens das Wild at heart meine persönliche „Location
of the year“.
Die Preise in der Kategorie „Tolle Band“ gehen an THE DAMNED,
gesehen im SO 36, THE DICKIES, Wild at heart, die KÜCHENSPIONE, KVU, und 8
EIMER HÜHNERHERZEN, Badehaus.
THE DAMNED begeisterten wieder durch viele tolle Songs, auch aus der Wave-Zeit,
den begnadeten Profi-Gesang von Dave Vanian und dass Captain Sensible weiterhin
ein großartiger und wahnsinnig sympathischer Entertainer ist. All thumbs up! THE
DICKIES sah ich, das darf ich fast nicht laut sagen, das erste Mal, und wer
weiß, ob die nochmal wieder kommen, denn der Sänger, längst um die 60, muss
immer wieder mal Konzerte wegen Unpässlichkeiten absagen. Sie räumten vom
ersten Song an gnadenlos ab, ein furioses Punk-Feuerwerk, absolut großartig-begeisternd!
Die KÜCHENSPIONE waren der absolute Gewinner des HÖRSTURZ-Festivals in der
immer noch „neuen“ KVU. Für ein Ost-Punk-Festival gab es in Berlin sicherlich
dennoch, also auch wenn sie noch relativ neu bezogen ist, keine passendere Location.
KÜCHENSPIONE aus Weimar sah ich inzwischen zum dritten Mal seit 1992, und es
überraschte mich selbst, dass sie mich auch diesmal voll überzeugten. Tad ist
auch einfach ein großartiger Sänger. Auch DIE DEUTSCHEN KINDER und ABRAUM waren
übrigens ziemlich gut, ZERFALL – natürlich – auch mit neuer Besetzung nicht
mein Ding. Doch, die KÜCHENSPIONE-Platte muss ich mir dringend noch besorgen…
Die Band, die ich 1993 mal per Brief für mein damaliges Fanzine interviewt
hatte, bedeutet mir wirklich was!
Die 8 EIMER HÜHNERHERZEN füllten prompt das „Badehaus“ ausverkauft und
begeisterten ein breitest besetztes Publikum, von der Radio Eins-Hörerin jeglicher
Altersstufe bis zum Altpunker. Super Musik mit super Sängerin und einfach ganz
hervorragende Musiker*innen, die trotz ausrastenden Publikums ein Set wie auf
Platte runter spielen. Lohnt, am 28.12. geht’s im – natürlich auch längst
ausverkauften – S-molly in die zweite Runde für mich. Sicher ein würdiger
Jahresabschluss.
Der Preis „Toller Typ“ geht an Jock McDonald, den Sänger der BOLLOCK BROTHERS,
gesehen im Februar in einem sehr vollen Wild at heart. Das ist mal eine
Punk-Legende, 1977 kurzzeitig Geschäftsführer im legendären „Roxy“ in London,
mit der Familie Lydon bestens bekannt und mit all seinen obskuren
Machenschaften ein kleiner Malcolm McLaren (wer sich erinnert: ich habe mal
einen Artikel über die von ihm arrangierte Samplerreihe „Punk – a world history“
geschrieben). Unglaublich, mit welcher Ernsthaftigkeit er auftritt, mit welchem
Respekt er seiner eigenen Kunst begegnet und diesen auch einfordert. Er schaut
dann manchmal mit etwas irrem Blick ins Publikum. Die Musik ist mir im ganzen
zu wavig, vergleichbar mit P.I.L., aber es war ein Erlebnis, Jock McDonald auf
der Bühne zu erleben!
„Voll gut und würde ich mir wieder angucken“ sage ich zu KALTFRONT,
ist ja eh klar, schon mehrmals gesehen und auch im Cortina Bop waren sie wieder
gut, THE NUMBER ONES aus Dublin, erfrischender, aber keineswegs zu seichter
Powerpop im Keller der K19 in Friedrichshain, NOT SCIENTISTS aus Frankreich mit
Emo-Punk im Schokoladen, von denen ich keine Platte brauche, deren Konzert aber
sehr gut war und NASTY RUMOURS aus der Schweiz im Cortina Bop, die mit tollem
77-style-Punk und witzigsten Sprüchen für super Unterhaltung sorgten. Wenn eine
Band richtig gut ist, tröstet das auch über den manchmal etwas dürftigen Sound
im Cortina Bop hinweg, wurde mir insbesondere an jenem Abend klar.
Ein schönes „Wiedersehen mit vielen Freundinnen und Freunden“ gab es anlässlich
des Konzerts der SLEEPERS, ESCALATOR HATERS und THE NOT AMUSED – es darf
geraten werden, wer so aufgelegt bzw. AMUSED war, so ein Konzert zu
organisieren… Und die SLEEPERS überhaupt wieder auszugraben, die zuletzt Anfang
der 80er live gespielt hatten. Beeindruckend, wie die Band schließlich
abräumte, und den Publikums-Support bestärkte! Stark Gitarren-orientiert,
eigene Note, top! ESCALATOR HATERS aus der Schweiz und NOT AMUSED waren
allesamt auch bestens aufgelegt. Immer wieder gern!!! Ein Wiedersehen mit
Freundinnen und Freunden gab es auch im Sommer bei NOT THE ONES in der
Linienstraße und den KNATTERTONES beim Hoffest des Hauses Schwarzenberg in den
Hackeschen Höfen. Geil, geil, geil, an solchen besonderen Orten gucke ich mir
auch Bands gern nochmal an, die ich schon x-mal gesehen habe!
Ein Wiedersehen und längeres
Gespräch gab es auch mit Falk von FRONT, die in der KVU spielten. Ich musste
allerdings bemerken, dass ihr aktueller Sound nicht mehr ganz der meine ist,
und so beichte ich hier öffentlich, dass ich früher abgehauen bin…
Nichts zu meckern gab es bzw. voll okay war es bei den LURKERS, die
mit FOXY im Wild at heart spielten. FOXY aus den USA waren okay, aber nicht
mehr, LURKERS dann vor allem dank Arturo und seiner fitten Ansagen lebendig und
fast schon „jugendlich“, also 100% unpeinlich und gut. Das einzige, was mir diesmal
auffiel, war, dass manche ihrer Songs mit zwei Gitarren natürlich besser
klingen als nur mit einer.
CHELSEA hingegen werde ich mir
nicht mehr angucken. Auf der Bühne durchaus fit und gut drauf, musste ich Gene
October beim Gang zur Bar dabei beobachten, dass er kaum noch gerade laufen
konnte. Und zwar nicht, weil er besoffen war; mein Eindruck war eher, dass er
mittlerweile ein armer alter Mann geworden ist… was mir für ihn, sicher einer
der charismatischen Sänger der alten Punk-Bands, richtig leid tut. Aber zum
Fremdschämen gehe ich eben zu keinem Punk-Konzert und so geht ein „Last Drink“
an GENE OCTOBER und CHELSEA!
VULTURE CULTURE, einer Band aus
Paderborn, die in den frühen 90ern durch die damals noch sehr kleine bundesweite
Punk-Szene ging, gibt es zu meiner
Überraschung immer noch, und sie spielten im Jahr 2018 mit CRAZY SQUEEZE aus
den USA im Wild at heart. V.C. „voll (frühe) Neunziger“, mit entsprechendem
Sound und auch nur mittelprächtigem Publikumszuspruch. Aber so war das damals
eben, wie ich schon mal geschrieben hatte, und VULTURE CULTURE ziehen das mit
reichlich Spaß in den Backen (und einer Sängerin, die wir 1994 noch als
Bassistin mit auf einem Fanzine-Poster hatten!) weiterhin durch und halfen auch
mir die eine und andere Gänsehaut über. CRAZY SQUEEZE hatte ich mir vom Gesang
her bulliger und böser vorgestellt. Nee, der (hauptamtliche) Sänger passt
nicht, weg mit dem, dann gehe ich nochmal hin. Sonst nicht…
Bleiben als letztes noch ES WAR
MORD, SLAMTILT und die neue Band des Ex-MOSKITO SPEZIAL-Sängers, die ich im
Clash sah, was aber musikalisch nicht so wichtig war, und so betrachtet war es
ein schöner und gelungener Abend mit ein bisschen Bier in einer Umgebung, wie
sie in den (mittleren/späten) 90ern schon existiert hat. Mit der Ausnahme, dass
ich inzwischen mehr Leute kenne, die ich an solchen Orten treffe… Und das ist
schön. Und so kann es beim Jahresabschluss mit den HÜHNERHERZEN und 2019 weitergehen.
Auf bald!
Labels: Berlin, Punk