Bei uns im Archiv war ein Film über den frühen Punk in Norddeutschland angekündigt - den wollte ich mir natürlich nicht entgehen lassen. "Jugend 80", zuvor noch nie davon gehört. Erst nach Ende der Vorführung sollte deutlich werden, warum...
"Jugend 80" hat auf jeden Fall einen bestimmten Charme. Er lebt vor allem durch die Musik, zum Beispiel von rohen Versionen der Blitzkrieg, frühen Ärzte oder Toten Hosen. Die Interviews mit alten Hannoveraner (Ex-)Punks fand ich jedoch eher uninteressant bis abtörnend - satuierte Menschen reden in ihrem Reihenhaus über ihre wilde Jugend...
Besonders berührend für mich dann aber die Geschichten aus den 90ern, zu denen ich einen besonderen Bezug habe: so z.B. Konrad Kittner, dessen Abstürzende Brieftauben für mich eine der Einstiegsbands gewesen waren, und der mich einst mal angerufen hatte. "Hallo Herr Kuttner, hier ist Herr Kittner". Er sah in seinen letzten Jahren echt nicht mehr gut aus, ist also wohl doch nicht einfach so aus heiterem Himmel gestorben, das war wohl eher absehbar gewesen.
Dann die Chaostage 1995-Bilder. Wobei nicht ganz verständlich ist, was dieser Teil in einem Film zu suchen hat, der "Jugend 80" heißt. Aber interessant und faszinierend allemal. Die Auseinandersetzungen um Sprengel-Gelände und das Haus in der Heisenstraße. Wie Bullen massiv Steine zurück geschmissen hatten. Auch wenn es "menschlich verständlich" sein sollte, wenn sie so unter Beschuss standen. Dennoch waren ihre Ziele im Gegensatz zu ihnen ungeschützte (ohne Helm & Rüstung) Punks, sie begaben sich damit auf dieses Niveau und riskierten mehr als Schwerverletzte.
Aber was habe ich damals gemacht? In jenen Tagen in der Stadt anwesend, bin ich immer vor lauter Schiss vor den wahrhaft spannenden Geschichten davon gelaufen... Hm...
Insgesamt sicher ein unausgegorener Film, der mit dem Münchner "Mia san dageng" nicht vergleichbar ist. Ohne wirkliche Dramaturgie, und sehr abprubt endend.
Er wird wohl auch noch etwas verfeinert: am Ende erfuhr man, dass das allenfalls eine Rohfassung gewesen sei.
Auf jeden Fall aber hat "Jugend 80" einen Punk-Charme, der ihn für mich letztendlich trotz seiner Schwächen sehenswert machte: un-perfekt und räudig.
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