Wednesday, July 06, 2016

Mike und Michael

Kurz vor dem Umzug der Produktionsstätte kam ein Kollege neu zu uns, den ich hier mal Mike nennen will. Ich muss gestehen, dass ich ihm zunächst eher mit Zurückhaltung gegenüber stand. Die Seiten kahl, hätte das rein vom Äußeren her auch einer von der (politisch) anderen Seite sein können. Ich merkte dann jedoch schnell, dass er offenbar mit Michael sehr gut kann, dem "mit der Schaum-Party". Und mit der Zeit ist all meine Reserviertheit gewichen; ich genieße es eher, wenn er da ist, und als er zuletzt mal einige Tage Krankheits-bedingt fehlte, habe ich das durchaus bedauert.
Sein Werdegang ist eine eher traurige Geschichte. Er galt nämlich seinen Erzählungen nach als Fußball-Talent und war auch in einer speziellen Begabten-Schule. Mit Leuten, die inzwischen via Hertha BSC ihren Weg in die Bundesliga gefunden haben. Er jedoch musste bedingt durch eine schwere Verletzung irgendwann aufhören. "Und nun bin ich hier", sagt er manchmal etwas verbittert. Er arbeitet im Lager-Bereich und macht kein Geheimnis daraus, dass er sich meist tierisch langweilt. Er macht insofern das Beste für sich daraus, dass er sehr kommunikativ ist, also mit allen Leuten sehr viel redet, was ich voll okay und in seinem Fall auch sehr sympathisch finde.
Weiterhin kann er sehr gut mit Michael, und heute morgen hätte ich die Gespräche der beiden am liebsten aufgenommen, so filmreif waren sie. Michael haut oft unglaubliche Dinger raus. Neulich erzählte er, dass einer seiner Lehrer zu ihm gesagt hätte, es sei ein Wunder, dass dessen Eltern "ihn behalten hätten". "Ich hatte immer Feuerzeug dabei", sagte er dazu vielsagend und mit leuchtenden Augen, und man kann sich nun versuchen auszumalen, was er in seiner Jugend alles für Mist gebaut hat... 
Michael erzählte auf seine trockene Art, wie ein Cousin von ihm versehentlich in einer Schwulenbar gelandet sei und dort auf der Toilette von einem Mann gebeten worden, ihn anzupinkeln. "Er hat ihn von oben bis unten voll gepinkelt". Später kam nochmal die Geschichte, dass ein anderer Cousin von ihm im Gefängnis sitze, weil er einen Polizisten zwei Wochen lang gekettet an die Heizung im Keller eingesperrt hätte. Man weiß nie so recht, ob die Geschichten wirklich stimmen, auch wenn er sie so trocken erzählt, dass es nicht nach Show klingt. Auf jeden Fall sind sie unterhaltsam, und in der Art, wie er sie bringt, einzigartig. Mike und ich erfreuen uns immer sehr an diesen Geschichten und wir versuchen auch manchmal, diese herauszulocken oder zu forcieren.
Auch wenn Michael mich manchmal - wenn es zuviel wird, ich z.B. den ganzen Tag mit ihm packen soll - nervt, mag ich ihn doch gern. Und ich glaube, er mag mich auch, wir kommen gut miteinander klar. Ich hatte oftmals Freunde, die von anderen als "Rabauken" angesehen wurden, die aber gegenüber mir ihre womöglich weiche Seite offenbarten. Er erinnert mich an einen Freund, den ich in der 8. Klasse mal hatte, ich glaube, ich sehe viel von diesem in ihm. Vielleicht ist das der Grund, warum wir schon recht vertraut miteinander sind, obwohl wir uns gerade mal etwas über drei Monate kennen.

Labels:

0 Comments:

Post a Comment

<< Home