Ein Imbiss in Palermo, mit Blick auf den Piazza
Indipendenza. Hier, etwas oberhalb des Porto Nuovo, tobt das Leben, fließt der
Verkehr. Das Porto Nuovo beendet den Altstadt-Bereich, der in diesem Viertel Fußgängerzone
und für den Auto-Verkehr gesperrt ist. Auch wenn man hier direkt an der sehr
belebten Straße sitzt, genieße ich es in vollen Zügen. Ein tolles, mir zuvor
völlig unbekanntes Imbiss-Essen in der Kralle, und ich fühle mich einfach wohl.
Als ich wieder zuhause bin, erfahre ich, dass wenige Tage zuvor nur etwa 300 Meter
entfernt ein
Mafia-Boss auf dem Fahrrad erschossen wurde. Am 25. Jahrestag des Attentats
auf den Anti-Mafia-Staatsanwalt Giovanni Falcone, was als Zeichen der Mafia
gilt, das aussagen soll, dass es sie noch gibt.
Es scheint die sizilianische Mafia, die „Cosa Nostra“ also noch zu geben, auch
in ihrer früheren Hochburg Palermo, wo in den frühen 80er Jahren ein
Mafia-interner Krieg zwischen den Bossen aus
Corleone samt ihrer Verbündeter
und den ansässigen Clans ausgetragen wurde und mehrmals wöchentlich Menschen
- in Gegensatz zu früheren Mafia-Traditionen auch Repräsentanten des Staates - erschossen wurden. Diese spektakulären Ereignisse, die die Einwohner dieser
prächtigen, herrlich rotten und wilden Stadt erheblich beeinträchtigt haben
dürften, scheinen längst endgültig der Vergangenheit anzugehören, die
Organisation scheint heute nur noch weitgehend unsichtbar tätig zu sein. Die
Website ferien-sizilien
quantifiziert in einem leider undatierten Bericht den Anteil der Geschäfte auf
ganz Sizilien, die noch Schutzgeld bezahlen, mit „70-80%“. Und schreibt:
„Die Erpressung durch die Mafia besteht nicht
nur in Geldforderungen, sondern kann soweit gehen, daß die Unternehmer
gezwungen werden, bestimmte Mitarbeiter einzustellen, von mafia-genehmen
Lieferanten zu kaufen bis hin zur vollständigen Übernahme des Geschäftes.“
Ob also auch jener Imbiss, in dem ich mich so wohlgefühlt habe, von der Cosa
Nostra gegen Diebe, Brände, Beschädigungen und was auch immer „geschützt“ wird,
weil es die Polizei angeblich nicht richten kann? Oder einfach aus Tradition?
Dass es die Organisation noch gibt, lässt sich auch daran ablesen, dass sie
öffentlich sichtbar weiterhin ein Thema ist. So unter anderem auf einem
Transparent an einem Gerichtsgebäude am zentral gelegenen Palazzo Pretorio, und
groß am Geschäft „Punto Pizzo Free“. (Auf die angeblich zahlreich verklebten
Aufkleber der Initiative addiopizzo
habe ich leider nicht geachtet.) Und mehrere aktuelle Reiseführer raten dazu, das Thema
Mafia nicht anzusprechen.
Anders als befürchtet hatte ich übrigens auf Sizilien kein einziges Erlebnis
wie in Neapel 2002, als ich von Jugendlichen ausgeraubt worden bin, und auch keine
Situation, die nur daran denken ließ. Einigen Spekulationen zufolge übrigens auch das Ausdruck einer funktionierenden Mafia, die die Kleinkriminalität zugunsten der Touristen und der Geschäfte, in denen sie ihr Geld lassen sollen, klein hält...
Labels: Auf Reisen, Sizilien
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