Friday, April 28, 2017

Friedrich Wilhelm Hassan

Gestern hatte ich auf einmal eine Akte aus einer viel früheren Zeit als sonst vorliegen. Habe ich es sonst mit Geschehnissen aus dem späten 18. Jahrhundert zu tun, ging es in jenem Konvolut um die Jahre zwischen 1699 und 1708. Unter anderem begegnete mir die leibhaftige Sophie Charlotte, nach der ja halb Berlin benannt ist.
Ein Name kehrte jedoch immer wieder und zog meine besondere Aufmerksamkeit auf sich: Friedrich Wilhelm Hassan. Wer ist das denn? Da der Name ähnlich häufig auftrat wie sonst nur der von Königen bzw. Markgrafen, und an Friedrich Wilhelm Hassan auch öfters Briefe adressiert waren, dachte ich kurz daran, ob eventuell ein Prinz jenen muslimischen dritten Vornamen angenommen hatte. Bei der bekannten religiösen Toleranz des Hauses Hohenzollern in jener Zeit?
Aber weit gefehlt. Es stellte sich heraus, dass Friedrich Wilhelm Hassan zusammen mit Friedrich Aly (einem Vorfahren u.a. des Historikers Götz Aly) im Jahr 1686 im jugendlichen Alter an den markgräflichen Hof verschleppt wurde und diese die ersten beiden sg. Kammertürken gewesen sind, die wegen ihres Exotentums als Schmuck des Hofes galten. Sie fungierten als Leibdiener von Sophie Charlotte. Wer ihnen die seltsamen Namen gegeben hat, bleibt offen. Ebenso ihre genauen Tätigkeiten. Zumindest zu Friedrich Wilhelm Hassan gehörte jedoch offenbar Korrespondenz. Beide genossen durchaus hohes Ansehen und verdienten offensichtlich nicht schlecht, denn sie konnten sich Häuser direkt am Schloss Charlottenburg leisten.    
Sie gelten als die beiden ersten Türken in Berlin und wurden in den letzten Jahren bei der Suche nach Vorläufern heutiger Migranten häufiger rezipiert. Forschungen, die weiter in die Tiefe gehen, und unter anderem die Fragen beantworten, die ich oben aufgeworfen habe, sind mir bisher nicht bekannt geworden. 

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2 Comments:

Anonymous Anonymous said...

Hallo Work,

das hört sich ja interessant an. Was ist Deine Aufgabe in Deinem neuen Job, daß Du mit diesen Dokumenten zu tun bekommst ?

Als Historiker hofft man da immer auf noch nicht beleuchtete Themen aus der Geschichte ?

Liebe Grüße aus Stuggi
Gnömi

12:52 AM  
Blogger Kongo-Otto said...

Hallo Gnömi aus Stuggi (61?), die Antwort auf die erste Frage obliegt der Geheimhaltung... ;-)
Zur zweiten: mein Zugang ist generell, dass ich Dingen, die mir interessant erscheinen, nachgehe, um sie für mich zu klären. Und sie meist hier im Blog festhalte; einerseits für die interessante Leserschaft, andererseits auch, um sie später mal selbst nachlesen zu können.
Wenn es dann schon erschöpfendes Material zu den Themen gibt, ist das auch schön. Hin und wieder gerate ich aber in der Tat an Themen, die mir sehr interessant erscheinen, die aber - oftmals zu meiner Überraschung, wenn ich u.a. an die Lage tschechischer Zwangsarbeiter zur NS-Zeit denke - noch nicht bearbeitet sind. Das ist dann einerseits auch schön, ein Thema erstmals bearbeiten zu können, Pionier sein zu können. Ist dann aber natürlich auch mit mehr Arbeit verbunden. Also: die Themen gehen nicht aus.
Wissenschaft lebt dazu natürlich davon, dass Themen immer wieder bearbeitet werden, aus neuen Blickwinkeln und auch im Lichte neuer Erkenntnisse. Das ist der sg. Forschungsstand, und diesen zu verfolgen ist toll und spannend.
Liebe Grüße zurück!

12:58 AM  

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