
Die Hütte, auf der ich nun untergekommen war, liegt mitten
im Gebirge auf 2070 Meter und auf einem Sattel zwischen der Oberstorfer
Hammerspitze sowie dem Höchsten Schafalpenkopf, über dessen Spitzen auch der halsbrecherische
Mindelheimer Klettersteig führt. Keine zehn Pferde würden mich da hoch bringen.
Auf
Höhe dieser Hütte hat man, anders
als am Hochgrat, wo man immer das Alpenvorland vor Augen hat, keine direkte
Verbindung
mehr zum Tal. Man erreicht sie nur nach mindestens drei stündigem Aufstieg vom
Kleinwalsertal aus. Von Oberstdorf her kommend muss man vom Talniveau der
Fellhornbahn ab wohl mindestens vier, eher fünf Stunden strammen Aufstieg einrechnen.

Die sanitären Anlagen sind recht modern
und voll okay. Auch wenn man den Empfehlungen folgen und das Wasser aus
der Leitung echt nicht trinken sollte. Das getan zu haben, führte mich einige Zeit später auf die Toilette, und da blieb ich dann auch eine Weile sitzen. Es gibt stattdessen 1,5 Liter-Plastikflaschen beim Wirt zu kaufen. Auch nicht gerade das, was man "öko" nennen würde. Handyempfang oder gar Internet gab es dort oben
nicht mehr. Geradezu absurd erschien es mir, dass auf so einer Höhe permanent
ein Gebläse läuft, mit dem der Trockenraum beheizt wird.
An jenem Vormittag wagte ich mich zur Fiderescharte auf 2210 Meter hoch, durch
ein Schuttfeld, vorbei an den letzten meist kleinen Schneefeldern, und am
oberen Ende noch über einige kleine

Kehren, die von unten aus allerdings
weitaus gefährlicher aussehen als sie wirklich sind. Ich hatte mich – und auch
meine beiden Begleiter gestern Abend – gefragt, wie es bei Temperaturen von oft
über 20 Grad und ständiger Sonneneinstrahlung noch Schneefelder geben könnte.
Peter hatte gemeint, diese seien eher an den Nordseiten, oft in kleinen Kuhlen und
würden meist auch von kalten Winden umweht. Ein bisschen, aber nicht
vollständig leuchtete mir das ein. Von den Außen-Bänken der Hütte schaut man
direkt auf diesen Weg durchs Schuttfeld, und ich dachte zunächst, das sei viel
zu gefährlich, um ihn zu laufen, der Schutt käme doch sicher sehr leicht ins
Rutschen. Vor Ort sah das dann aber ganz anders aus und der Weg ist wirklich
okay zu laufen. Teilweise sah man dort übrigens kleine Gruppen von Steinböcken
umher huschen. Nach etwa einer halben Stunde oben

an der Fiderescharte
angelangt, konnte und wollte ich dann aber nicht weiter. Auf der anderen Seite
ging es dann nämlich für meinen Geschmack zu steil bergab. So blieb ich noch
eine Weile auf sicherem Terrain und drehte dann wieder um. Rückblickend wünschte ich mir, ich hätte mir bei all den Momenten, in denen sich die Höhenangst meldete, mehr Zeit gegeben. Die Erfahrung ist nämlich wirklich, dass nach einer Weile ein Gewöhnungseffekt eintritt und sie deutlich nachlässt.
Nach einer Rast an der Hütte stieg ich dann in Richtung Kleinwalsertal hinab, mein Ziel war aber nicht das Tal, sondern die Walser Hammerspitze, ein schöner,
2170 Meter hoher Grasberg, zumindest zu der Seite hin, die ich ihn hinaufstieg.
Zunächst musste ich um 3-400 Höhenmeter eine Wanne hinab, auf der dann auch
wieder Kühe weideten, und von dort ging es dann wieder um 5-600 Höhenmeter einen
feinen schmalen Pfad bergauf. Oben angekommen sah ich dann, dass es auf der
gegenüberliegenden Seite des vermeintlichen Grasbergs ziemlich steil rein
felsig talabwärts ging. Und auch der Weg auf dem Grat war nicht ganz ohne, wenn
einem dann auf einmal von beiden Seiten der Wind entgegen bläst.

Allzu lang hielt es euer wackerer Bergsteiger dann auch auf diesem einsamen Gipfel
– mir waren beim Aufstieg gerademal drei Leute entgegen gekommen – nicht aus,
und er hatte eine seiner berüchtigten tollen Ideen, den Rückweg abzukürzen. „Die
Richtung sollte doch halbwegs stimmen…“. Die Idee war, nicht den gesamten Weg
zurückzugehen, auf dem ich reichlich Höhe verloren hätte, sondern schräg über
den Grasberg abzukürzen, um dann an recht hoher Stelle wieder auf den Weg
zurück zur Hütte zu gelangen. Abgesehen davon, dass man allein aus
Naturschutzgründen die Wege eigentlich wirklich nicht verlassen sollte, konnte
ich zwar ein bisschen abkürzen, landete aber mitten in den Allgäuer
Latschenkiefern, und es war mühevoll und nervig, aus diesen wieder
herauszufinden. Es erinnerte mich an meinen letztjährigen Urlaub auf Lipari, wo
ich unabsichtlich (-> weil der Weg immer dünner geworden und schließlich
ganz verschwunden war) in der „Macchia“ gelandet war, und mich teilweise richtig
Panik überkommen war, weil ich zeitweise weder vor noch zurück kam.

Letztendlich kam ich aber am späten Nachmittag wieder an der Hütte an. Heute
hatte ich dann keine besondere Lust auf weitere Bekanntschaften, weil ich
einfach zu alle war, und ich zog mich nach einem feinen Allgäuer Brauhaus-Bier
vom Fass und ebenso gutem deftigen Essen zurück. Ins Matratzenlager, übrigens,
das lag dort in einem Anbau, war recht weiträumig und voll okay.
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