Tuesday, April 26, 2016

Sechste Woche: Sportliche teilnehmende Beobachtung, Schaum-Party und die Irrtümer eines Akademikers

Es läuft die sechste Woche als "Produktions-Helfer" beim Versand-Dienstleister, und es scheint sich alles zu festigen und zu normalisieren. Über das frühe Aufstehen will ich am liebsten gar nicht weiter nachdenken, es klappt, mich wundert das, aber Hauptsache, es klappt...
Zuletzt war ich öfters beim "Packen" eingeteilt, woran ich mich aber weiter gewöhnt habe. Horror ist es nur dann, wenn man "Sorten-reine" CDs verpacken soll, und zwar so schnell es geht. Und dann auch noch die Chefin ankommt und einen zusätzlich antreibt, auf dass man noch schneller arbeitet. Wie absurd! Da steht man schon da und denkt: "warum macht so ne Tätigkeit eigentlich keine Maschine?!", und dann kommt dann noch so ein leibhaftiger Mensch an und macht in allem Ernst auch noch Stress. Aber ich nehme das alles weiter sportlich und "teilnehmend beobachtend", und ich muss hier auch sagen, dass das das einzig wirklich Unangenehme an diesem Job ist. Einige Kollegen sehen zu, dass sie nicht mit der Chefin eingeteilt werden - auch ich werde das zukünftig versuchen.
Richtig lustig ist das Packen ab und an mit einem Kollegen, der oftmals sehr unterhaltsames Zeug erzählt. Er scheint einen kurdischen Hintergrund zu haben, ist um die 30, und hat einfach die Sprache, die man türkischen / kurdischen Jugendlichen oftmals unterstellt, voll drauf. Und zwar nicht aufgesetzt, sondern: hier spricht das Original! Er ist keineswegs dumm, und manchmal weiß man nicht so recht, meint er das nun ernst oder nicht. Es ist jedenfalls unterhaltsam. Seitdem er gemerkt hat, dass mir das zum Teil echt gefällt, hat er mich wohl als seinen Kumpel anerkannt. Einmal hat er erzählt, dass er zur "Schaum-Party" geht, und ich stand nur da und hab ihn wohl fragend, aber mit Begeisterung angeguckt. Woher weiß ich von "Schaum-Partys", was ist das? Dazu konnte ich mir ihn sofort gut vorstellen, wie er nur in Badehose und Badelatschen gekleidet durch die Zähne pfeifend die Kuh fliegen lässt!
Und nochmal schneller geht die Zeit um, wenn sich auch noch umstehende Kolleginnen und Kollegen in solche Gespräche mit einschalten. Und natürlich geht es bei der Tätigkeit vor allem nur um eines - dass eben die Zeit rumgeht...
Die Frage, ob sich die Lager-Leute über den Umzug bei laufendem Betrieb freuen, habe ich irgendwann sogar einem gestellt. Aber eigentlich hätte ich mir die Frage auch sparen können. Denn der Umzug bedeutet einfach zusätzliche Arbeit, auch am Wochenende, und das hat man natürlich nicht so gern. Auch sind wohl die neuen Räume weniger komfortabel als die jetzigen, so dass sich keiner, der diese schon gesehen hat, wirklich auf die neue Zeit freut.
Die Idee mit dem "Umzug bei laufendem Betrieb" wird auch sehr kritisch gesehen. Die Regale werden nun sukzessive abgebaut, alles wird auf dem Boden auf Paletten gelagert, was das Heraussuchen der Waren sehr viel schwerer macht. Die Entscheidung dazu hat wohl die Chefin auf Druck von "oben" getroffen. Da denkt man sich als Akademiker so, warum werden da nicht die Leute hinzugezogen, die Lager-Erfahrung haben und auf sowas ggf. in ihrer Ausbildung vorbereitet werden... Streng hierarchisch. Mit offizieller "Mitbestimmung" ist sonst übrigens auch nichts, es gibt auch keinen Betriebsrat, obwohl das Unternehmen mit knapp 100 Leuten dafür eigentlich groß genug wäre. Ich habe mir wohl unbewusst am Anfang vorgenommen, alles mitzumachen, wenn ich nur endlich Geld verdienen kann. So werde ich auch hier den Teufel tun und etwas anregen oder irgendwas... (interessant ist hier, wo meine Grenze liegt, also was ich mitmache und was nicht - ich bin gespannt).
Als Akademiker hatte ich mir anfangs auch vorgestellt, dass die Auswahl des Radio-Programms Ergebnis einer langwierigen Diskussion bei einer Betreibsversammlung gewesen wäre, bei der man sich dann nach zähem Ringen eben auf den (Kompromiss-) Sender "88,4" geeinigt hat. Selten so daneben gelegen... Es schaltet morgens einfach irgendjemand das Radio an. Manchmal wird übrigens auch der schreckliche "Energy"-Sender eingestellt, der noch viel mehr Wiederholungen als "88,4" bringt. Wem der Sender nicht passt und wer sich traut, macht einfach das Radio leiser oder stellt einen anderen Sender ein. Wobei offenbar nur wenige Sender empfangen werden können. Ich hoffe dennoch, dass ich es irgendwann mal fertig bringe, die Räume mit "Radio 1" zu beschallen. Jegliche Gitarren-Musik ist eine Wohltat verglichen mit dem, was ständig bei "Energy" läuft...

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1 Comments:

Blogger Kongo-Otto said...

Meine Gebete wurden erhört - oder liest jemand mit? Jedenfalls klang heute Vormittag Radio 1 aus den Boxen! :)

11:44 AM  

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