Sunday, October 26, 2008

Baader-Meinhof-Komplex

Viel ist über diesen Film geschrieben worden, viel Schlechtes: er sei zu Effekt-hascherisch, und versuche die Geschichte der RAF und der BRD (diesen "Komplex") im gewünschten Sinne umzuschreiben. Die Werbe-Kampagne dafür sei obendrein zu durchsichtig gewesen: viele Medienvertreter hatten den Film ja zum Top-Thema gemacht, nicht zuletzt der Spiegel, der mit dem Zitat aus dem Film: "Seht sie nicht so, wie sie nicht waren" aufmachte.

Für mich war es trotz alledem keine Frage gewesen, den Film anzuschauen. Zu sehr hatte mich das dem Film zugrundeliegende Buch von Stefan Aust fasziniert, als ich es 1990 - mit einer Klassenfahrt zu Gast in Berlin - entdeckte und anschließend mehrmals verschlang.

Und nachdem ich ihn gesehen habe, kann ich festhalten: auch der Film hat mich wieder in seinen Bann gezogen, er war spannend inszeniert und trotz Überlänge hätte er für mich noch länger gehen können.
Der Film arbeitet an einigen Stellen wirklich mit Überspitzungen. So zeichnet er die Vietnam-Konferenz an der Berliner FU 1967 als Veranstaltung, in der die versammelten Studentinnen und Studenten in einen beängstigenden Wahn verfallen. Wer einmal eine linke Veranstaltung miterlebt hat, wird sich sofort über die dort dargestellte Einigkeit gewundert haben. Es gibt noch 2-3 weitere solche Beispiele. Auch ist wirklich zu fragen, was die exzessive Darstellung der Ermordung von Jürgen Ponto 1975 aussagen soll. Wieder verhalten sich die Beteiligten Täter/innen wie Wahnhafte im Rauschzustand.
Man wundert sich über diese Überspitzungen, letztendlich fallen sie aber nicht ins Gewicht. Stefan Aust ist mit dem Thema viel zu sehr vertraut, um daraus eine zu verzerrte oder tendenziöse Geschichte zu machen.

Insgesamt ein sehenswerter Film, der eine Interpretation der Geschichte der frühen RAF bis 1977 nachzeichnet - wer die Geschichte erwartet oder behauptet, sie dargestellt zu haben, ist wie immer auf dem falschen Dampfer.

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