Saturday, June 08, 2013

4. Tag: Von Miedzyrzecz nach Sulecin

Der Plan war gewesen, bei Regenwetter hier nun wirklich in den Zug zu steigen, Miedzyrzecz hat auch wirklich einen intakten Bahnhof mit Verbindungen nach Deutschland. Allerdings jeweils mit Umstiegen, und ganz klar wurde es mir nicht, inwieweit man Räder mit in polnische Regionalzüge nehmen kann. Diese Frage stellte sich aber schließlich gar nicht, denn morgens erwartete uns praller Sonnenschein, und dann war schnell klar: wir radeln weiter! Es wäre auch viel zu früh gewesen, schon wieder nach Hause zu fahren: das "Dzien dobre" (ikmmerhin das) ging uns längst leicht von den Lippen, und auch an die Kommunikation mit Händen und Füßen waren wir mittlerweile gewöhnt, sie schreckte nicht mehr, sondern gehörte einfach dazu.
Das heutige Etappenziel kam mir auch seltsam nah vor: mit 46 km waren es zwar nur sieben weniger als zum Beispiel gestern, aber auch auf der Karte sah es so verdammt kurz aus, gerade einmal über zwei Kartenblätter des Reiseführers hinweg...
In Miedzyrzecz ging es dann zunächst ins Ortszentrum, dann ein Stück am Fluss entlang, und dann eine größere Ausfallstraße (B 137) in Richtung Sulecin. Zunächst gab es einen breiten Fußgängerweg links der Straße, was natürlich besonders angenehm zu fahren ist. Leider endete dieser Weg jedoch am Friedhof, und die weiteren knapp 10 km bis zur Abzweigung nahe Templewo musste wir eben die Bundesstraße entlang. So allzu befahren war sie nichtmal, aber es fuhren doch einige Laster und Militär-Transporte an uns vorbei, und manche durchaus knapp. Ich bin immer froh, wenn ich solche Strecken hinter mich gebracht habe. Einziger Lichtblick war der schöne kleine Ort Pieski, durch den diese Straße auch führte.
 
Templewo
Kurz vor Templewo dann die Abzweigung auf kleinere Straßen, und da wurde es richtig herrlich. Templewo, Nowa Wies, Sokola Dabrowa: schöne kleine Orte, verbunden durch gute, wenig frequentierte Straßen.
 
Zwischen Templewo und Nowa Wies (groß-klicken zeigt kleinere Hügelchen kurz vor dem Horizont)

In Nowa Wies

In der Ortsmitte von Sokola Dabrowa, wo es Bänke mit Blick auf Dorf-Tümpel und Kirche gibt, machten wir dann auch die erste längere Rast des Tages. Wir hauten uns die Stullen rein, während das Dorf eine(n) der Ihren unter die Erde brachte. Aber pietätlos war das nicht; die Zerstörung der Bank gestern sollte die einzige Missetat von uns geblieben sein...
Bisher hatten wir außerhalb von Miedzyrzecz keinen offenen Sklep entdecken können, befürchteten schon, ob diese montags eventuell geschlossen wären. Kurz vor Osieko fanden wir dann aber wieder den ersten geöffneten. In Lubniewice wurde uns etwas die Verkehrsführung zum Verhängnis: da wir uns wegen Panne kurz trennen mussten, versäumten wir uns wegen zweier Einbahnstraßen und der Unklarheit, wo lang wir fahren wollen, kurzzeitig. Im Ortskern, an einem kleinen Marktplatz, versorgten wir uns dann bei einem Metzger mit Köstlichkeiten, und machten hinter Lubniewice Rast an einem See (J. Lubiqz), übrigens eine wirklich sehr schöne Badestelle im Wald, in Sichtweite der Landstraße. Nur die Hütten, die dort standen, waren etwas vermüllt. Montag nachmittags waren wir aber die einzigen Gäste.  Und das schöne Wetter ließ sogar ein Bad zu.
Längs des Weges gab es mehrere Anzeichen auf eine ehemalige Bahnstrecke zu sehen: zunächst, noch bevor der See kam, links (südlich) des Weges eine alte gemauerte Unterführung (die ohne Bahn überhaupt keinen Sinn macht!), später rechts des Weges ein ehemaliger Bahndamm und eine ehemalige Brücke mit Verbots-Schild über die nicht mehr existenten Gleise, das Bauwerk sah aus wie durchaus gut erhaltener Beton. Alte Bauwerke, die da einfach vor sich hingammeln. Ein paar Meter weiter westlich habe ich mir das mal näher angesehen, und die ehemalige Fahrrinne ist deutlich zu erkennen, auch wenn keine Schienen mehr da lagen.
Inzwischen waren durchaus kräftige und hohe Bäume nachgewachsen, und auch nicht nur Birken, allerdings kaum Büsche oder ähnliches, und auch nur vereinzelte Bäume. Meine Vermutung ist, dass es doch nicht rund 60 Jahre her sein kann, dass hier noch Gleise lagen. Spannend zu überlegen: wer hat da wann zu welchem Zweck eine Bahnlinie angelegt. Und wer hat da dann wann, warum die ehemaligen Gleise entfernt (und nicht weiter genutzt?)? 
Wir fuhren da eine sehr schöne Waldstraße entlang: wieder asphaltiert und kaum befahren. Der nächste Ort war Jarnatow, danach kam Miechow, mit einem zweisprachigen Schild vor der örtlichen Kirche. Zum Ortsausgang ein kleiner Anstieg, dann eine langgezogene, rund 5 km dauernde Abfahrt rein nach Sulecin. Hier hatte das im Reiseführer empfohlene Pensionat zu, und zwar dauerhaft. Aber das Hotel Hetmann hatte offen und war solide und gut. Sulecin ist stark von der real-sozialistischen Bauweise geprägt und machte auf mich einen bedrückenden Eindruck.
 
Sulecin vom Hotel-Fenster aus

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